Dienstag, 1. Februar 2011

Anke Helfrich - Stormproof

mmer mehr Frauen drängen in den Jazz. Nicht nur als Sängerinnen, sondern auch als Instrumentalistinnen.
Eine der neueren Musikerinnen ist Anke Helfrich. Sie ist mit ihren 44 Jahren nicht mehr ganz neu in der Szene. Als studierte Jazzpianistin tourt sie schon ewig und hat nun auch schon drei Alben heraus gebracht. Mit „Stormproof“ veröffentlichte sie 2009 erstmals ein Album unter den Fittichen des renommierten Enja Labels.
Das ist für Jazzer so etwas wie ein Ritterschlag. Ein Vorteil sind die massiv verbesserten Produktionsbedingungen, die ein größeres Label bieten kann.
 



Besetzung
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Und das manifestiert sich auch in Helfrichs Musik. Denn die Produktion ist sehr erwachsen und alle Musiker werden vom Produzenten Matthias Winkelmann transparent in Szene gesetzt.
Außer der Chefin:
Anke Helfrich - Klavier, Harmonium, Fender Rhodes
spielen noch ihre Triokollegen
Henning Sieverts - Kontrabaß, Cello
und
Dejan Terzic - Schlagzeug, Percussion
Mit Nils Wogram an Posaune und, man höre und staune, Melodica spielt noch ein exzellenter Gastmusiker mit.

 

Lauschangriff
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Wer nun glaubt: Frau am Jazzklavier, na das wird ein Gesäusel sein – liegt völlig falsch.
Anke Helfrich spielt richtigen freien klassischen Trio bzw. Quartettjazz, der deutlich Anklänge an den späten Thelonius Monk hat. Sie steht eindeutig nicht in der Tradition Keith Jarretts. Also kein Gebrülle am Klavier, keine abgebogenen Akkorde.
Das dürfte der Grund sein, warum sie das Album mit dem boppigen Monk Klassiker „Hackensack“ eröffnet. Swingend werden hier die Jazzläufe aus dem Handgelenk geschüttelt. So was habe ich schon lange nicht mehr gehört. Gleichzeitig handfest und doch federleicht. Großartig auch Sieverts am Bass – das möchte ich gerne mal live sehen!
Zum kompakten Triosound gesellt sich nun Wogram, zunächst mit einem kleinen Melodica Intro, hinzu, ehe Helfrich erneut improvisierend über die Tasten fliegt.
Das Titelstück „Stormproof“ ist dagegen schon fast experimentell zu nennen. Wograms Posaune spielt hier mit vielen ungewohnten Facetten, dazu kommt das Fender Rhodes Piano und ein Harmonium. Sehr ungewöhnlich und dennoch fesselnd. Man möchte beinahe in die Lautsprecher kriechen. Dieser Sound macht ein wenig süchtig, gerade wegen der gewagten Posaune.
„Sehnsucht“ ist nach dem munteren Stormproof das völlige Kontrastprogramm. Nur das Trio, aber diesmal mit Sieverts am Cello, Terzic nutzt ausgiebig seine Lieblingspercussion, eine zarte Glocke.
Nach der kleinen Ruhepause geht die wilde Synkopenfahrt weiter. Irre dabei ist, wie gut Wograms Posaune in dieses Gruppengefüge passt und was man für abgefahrene Sounds aus so einer Posaune heraus holen kann. Da fliegen die musikalischen Bälle durch den Raum und sie werden aufgefangen und mit Verve weiter gegeben.
Und dann explodiert Helfrichs Klavier. „After The Rain“ beginnt mit zwei Akkorden, die fürchten lassen, dass ihr Klavier danach nicht mehr spielbar ist.
Zum Glück spielt sie bei „Circles“ aber ein lyrisches Solo, von dem ich kaum genug bekommen kann.
Doch es folgen noch weitere Überraschungen.
„Swiss Movement“ sticht mit dem Fender Rhodes Einsatz heraus und es ist ein sensationelles Stück. Fetter Beat, funkiger Pianogroove mit einem irrwitzigen Schlagzeug. Aber der Star ist Helfrichs Improvisation inmitten des Stückes. Sie geht mit diesem Keyboard dahin wo einem vor Staunen der Mund offen bleibt.
Das danach gleich ein Kurt Weill Stück kommt überrascht nur, bis man gehört hat wie entfesselt „Speak Low“ hier daher kommt. Vor allem ihr Zusammenspiel mit dem überraschungsreich spielenden Terzic macht Freude. Nach all den Lobeshymnen kann es kaum mehr besser werden. Doch ihre Widmung an Johnny Griffin, „Little Giant“ trifft mitten ins Herz. Ein Quartett mit Klavier, Posaune, Cello und Schlagzeug fließt geradezu aus den Lautsprechern.
Ein ergreifender Schlusspunkt.

Fazit
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„Stormproof“ ist ein großartiges Jazzalbum. Ganz und gar überraschend.
Neben kompaktem Triojazz finden sich hier phänomenale Improvisationen. Dazu einen Posaunisten, der nicht nur vor Spielfreude überquillt, sondern seinem eher schwierigen Instrument schier unglaubliche Sounds entlockt.
Helfrichs Mitstreiter Terzic und Sieverts sind Meister ihres Fachs und begleiten mit feinen Akzenten ihre Frontfrau.
So macht Jazz Spaß. Hier findet sich alles, was der Freund (oder die Freundin) der improvisierten Musik liebt. Das alles in einer Dosis, die man auch Jazzbeginnern problemlos empfehlen kann.
Vielleicht als Abschluss noch ein Lob an die Produktion. Das Album ist von einer schier überirdischen Präsenz. Die Musiker scheinen im Raum zu stehen. Großartig!!!!
Anspieltips (schwierig, weil das Album extrem homogen ist):
Hackensack
Swiss Movement
Website: http://www.anke-helfrich.de/
Mit ein paar Musikausschnitten, sonst leider nicht sehr ergiebig.

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